Fudoh: The New Generation (1996)
„Auf der ganzen Welt gibt es kein grausameres Tier als den Menschen.
Nicht einmal Wölfe jagen sich gegenseitig.
Doch Menschen verschlingen andere Menschen bei lebendigem Leib.“
(aus dem Vorspann zu „Fudoh: The New Generation“)
In „Fudoh“ zelebriert Japans teuflisches Regiegenie Takashi Miike einen kreativen Tötungsreigen, wie man ihn selten gesehen hat. Dabei fängt der Film harmlos, fast idyllisch an. Ein kleiner Junge spielt mit einem Mann, wie sich bald herausstellt ist dies sein älterer Bruder, Baseball. Die Bilder strotzen vor Schönheit, grünes Gras, Blumen, die beiden lachen und freuen sich. Doch ein Mann stört das Paradies. Er gibt dem Älteren ein Telefon und das Unglück nimmt seinen Lauf.
Der kleine Junge heißt Riki Fudoh und sein Leben ist nicht so idyllisch, wie es die ersten Bilder scheinen lassen. Er ist schon von klein auf umgeben von Gewalt und Mord. Sein älterer Bruder, der mit ihm gerade Baseball gespielt hat, ist ein Killer der Yakuza. Doch als er eigenmächtig einen kleinen Bandenkrieg anfängt, wird er vom Boss der Familie getötet, um den Frieden wiederherzustellen. Der Boss ist sein, und damit auch Rikis, Vater. Seit diesem Tag hasst Riki Fudoh die Yakuza.
Zehn Jahre später führt er (gespielt von Shôsuke Tanihara) einen unerbittlichen Kampf gegen die Verbrecherorganisation. Er hat eine Bande von Mitschülern um sich geschart, mit deren Hilfe er nach und nach einen hochrangigen Yakuza nach dem anderen erledigt. Da sind mehrere kleine Kinder, die sich ihre Unverdächtigkeit zunutze machen, um nah an einen der Bosse zu kommen und dann ihre Waffen zu ziehen. Da ist Fudohs neuer Mitschüler Akira (Wrestler Kenji Takano), ein wahrer Riese, der über unglaubliche Kraft verfügt und schließlich sind da noch die beiden hübschen Mitschülerinnen Toko (Tamaki Kenmochi) und Mika (Miho Nomoto), die ihren Sex-Appeal einsetzen, um die Verbrecher zu töten. Mika arbeitet als Stripperin und benutzt ein ganz besonderes Tötungswerkzeug.
Doch natürlich lassen sich die Yakuza das nicht bieten und fangen an zurückzuschlagen. Als zwei neue Lehrer, darunter die hübsche Englischlehrerin Miss Miroku (Marie Jinno), an Fudohs Schule auftauchen, wissen die jungen Yakuza-Gegner zuerst nicht, auf welcher Seite diese stehen. Denn plötzlich fallen auch die ersten aus ihren Reihen Anschlägen zum Opfer.
Takashi Miike beweist wieder einmal, was für ein besonderer und außergewöhnlicher Regisseur er ist. „Fudoh“ ist ein Werk, das deutlich macht, welch kuriose Ideen im Kopf des Regisseurs herumspuken, der einen Streifen nach dem anderen dreht, zahlreiche Preise gewonnen hat, und völlig unterschiedliche Filme in so ziemlich allen Genres abliefert.
So ist es auch mit „Fudoh“. Das Grundmotiv ist nicht gerade neu. Gerade aus Japan stammen zahlreiche Filme rund um Yakuza-Kriege. Doch ungewöhnlich ist schon einmal, dass hier nicht mehrere rivalisierende Yakuza-Clans gegeneinander kämpfen, sondern auf der einen Seite Kinder stehen und auf der anderen Seite (fast) alle Clans. Aber das für die Mehrheit der Zuschauer wohl Abstoßendste sind die zahlreichen Tötungssequenzen des Films.
Takashi Miike kennt kein Tabu und lässt das Blut nur so spritzen. Da bekommt einer der Yakuza-Bosse eine Dosis Gift verabreicht. Dieses wohl säurehaltige Gift lässt seinen Hals löchrig werden, worauf Blutfontänen heraus spritzen und das ganze Auto, in dem er gerade sitzt, eingesaut wird. Als einer der Mitfahrer dann die Wagentür öffnet, wird er förmlich von der großen Menge Blut, die sich im Auto angesammelt hat, hinausgespült. Das ist natürlich völlig übertrieben, aber gerade das zeichnet den Film aus. Die Tötungsszenen sind grotesk bis zum Exzess und dadurch nicht ernsthaft und abstoßend, sondern auf eine makabre Art unterhaltend. So unpassend es klingen mag, aber „Fudoh“ ist ein wahres Freudenfest an Tötungsszenen und so kann auch dieser Miike-Film ein paar Auszeichnungen vorweisen.
Am skurrilsten ist sicher der Einfall bezüglich eines der beiden Schulmädchen, die in Fudohs Gang agieren. Mika arbeitet als Stripperin in einer Bar und tötet dabei unbemerkt mittels einer besonderen Technik. Sie feuert aus einem in die Vagina gesteckten Blasrohr Pfeile ab. Noch skurriler wird dieser von Miho Nomoto gespielte Charakter allerdings, als sich herausstellt, dass sie ein Hermaphrodit, also ein Zwitter, ist. Sie hat sowohl die Geschlechtsteile eines Mannes, als auch die einer Frau (woraufhin Miike auch noch eine kleine Liebeszene zwischen Mika und der Englischlehrerin eingebaut hat).
Viele werden diese skurrilen Ideen von Miike vielleicht als „krank“ bezeichnen, tun dem japanischen Starregisseur damit aber unrecht. Sicherlich ist der Film voll von Szenen, die sehr viele Leute nicht sehen wollen, aber das müssen sie ja auch nicht, ebenso wie bei Splatterfilmen aus dem Horrorbereich. Die Szenen des Films sind immer so gnadenlos überzeichnet, teilweise auch so surreal, dass man sie nicht ernst nehmen kann, sondern sich von ihnen unterhalten lassen sollte. Es ist halt eine ganz besondere Art von Humor. Wer Filme von Takashi Miike und dessen groteske Ideen mag (und das sind ja nicht gerade wenige Leute), wird „Fudoh“ wahrscheinlich lieben.
Den Film kann man übrigens nicht nur auf seine Actionsequenzen reduzieren. Wie auch in zahlreichen späteren Werken zeigt Miike in der Hauptperson einen einsamen Menschen, der von seiner Umwelt, vor allem von Menschen, die er liebte, enttäuscht wurde. Deswegen hat er sich eine raue, coole und unnahbare Fassade zugelegt, hinter der aber ein verletzlicher Junge steckt. Auch die Schwelle von Jugend zum Erwachsenwerden spielt im Subtext des Films eine wichtige Rolle.
Dazu kommen die exzellenten Bilder von Kameramann Hideo Yamamoto. Der beste Kameramann Japans (weitere Beweise für sein Können liefen unter anderem „Audition“, Hana-bi“, „The bird people in china“, „The Grudge“ etc.) beweist hier eindrucksvoll, dass er schon in frühen Jahren ein großer Könner war.
Immer wieder kritisiert wird an diesem noch recht frühen Werk in Miikes Filmographie aus dem Jahr 1996 der etwas leicht offene Schluss des Films. Die Auseinandersetzung zwischen Riki Fudoh und den Yakuza, genauer dem Killer Nohma (Riki Takeuchi), ist noch nicht vorbei. Sie muss weiter gehen. So verwundert es auch nicht, dass im Jahr nach „Fudoh“, 1997, ein zweiter Teil mit dem Zusatztitel „Nohma strikes back“ gedreht wurde. Dieser allerdings deutlich weniger populäre Nachfolgefilm wurde aber nicht von Takashi Miike realisiert, sondern von dem eher unbekannten Regisseur Yoshiho Fukuoka. Auch ich hatte bei meiner ersten Sichtung noch leichte Probleme mit dem Schluss, habe ich mich aber mit der Zeit und einigen weiteren Sichtungen sehr mit ihm angefreundet. Der Konflikt Riki – Nohma ist nur eine Randerscheinung. Es erscheint mir mittlerweile konsequent, dass dieser nicht mehr im Bild ausgetragen wird, da er sich sowieso nicht im Fokus des Films befindet. So werden die eigentlichen Konflikte viel stärker in den Mittelpunkt gerückt.
Für Takashi Miikes Filmographie und seine Karriere ist „Fudoh“ übrigens ein sehr wichtiger Film. Seine dritte Kinoarbeit (eigentlich aber als „Direct-to-Video“-Produktion geplant und gedreht) war der erste Film, der auf ausländischen Festivals gezeigt wurde. Die TIME kürte den Film in der Ausgabe vom 29. Dezember 1997 schließlich sogar zu einem der zehn besten Filme des Jahres (Quelle: Tom Mes – Agitator: The Cinema of Takashi Miike)
Wer Filme von Takashi Miike mag, wird „Fudoh“ wahrscheinlich lieben. Für Nichtkenner des Regie-Tausendsassas aus Japan eignet er sich recht gut als Einstieg, zumindest deutlich besser als Miikes etwas komplexere Werke wie „Visitor Q“.
Links intern:
Bildergalerie
Filminfoseite
Nicht einmal Wölfe jagen sich gegenseitig.
Doch Menschen verschlingen andere Menschen bei lebendigem Leib.“
(aus dem Vorspann zu „Fudoh: The New Generation“)
In „Fudoh“ zelebriert Japans teuflisches Regiegenie Takashi Miike einen kreativen Tötungsreigen, wie man ihn selten gesehen hat. Dabei fängt der Film harmlos, fast idyllisch an. Ein kleiner Junge spielt mit einem Mann, wie sich bald herausstellt ist dies sein älterer Bruder, Baseball. Die Bilder strotzen vor Schönheit, grünes Gras, Blumen, die beiden lachen und freuen sich. Doch ein Mann stört das Paradies. Er gibt dem Älteren ein Telefon und das Unglück nimmt seinen Lauf.
Der kleine Junge heißt Riki Fudoh und sein Leben ist nicht so idyllisch, wie es die ersten Bilder scheinen lassen. Er ist schon von klein auf umgeben von Gewalt und Mord. Sein älterer Bruder, der mit ihm gerade Baseball gespielt hat, ist ein Killer der Yakuza. Doch als er eigenmächtig einen kleinen Bandenkrieg anfängt, wird er vom Boss der Familie getötet, um den Frieden wiederherzustellen. Der Boss ist sein, und damit auch Rikis, Vater. Seit diesem Tag hasst Riki Fudoh die Yakuza.
Zehn Jahre später führt er (gespielt von Shôsuke Tanihara) einen unerbittlichen Kampf gegen die Verbrecherorganisation. Er hat eine Bande von Mitschülern um sich geschart, mit deren Hilfe er nach und nach einen hochrangigen Yakuza nach dem anderen erledigt. Da sind mehrere kleine Kinder, die sich ihre Unverdächtigkeit zunutze machen, um nah an einen der Bosse zu kommen und dann ihre Waffen zu ziehen. Da ist Fudohs neuer Mitschüler Akira (Wrestler Kenji Takano), ein wahrer Riese, der über unglaubliche Kraft verfügt und schließlich sind da noch die beiden hübschen Mitschülerinnen Toko (Tamaki Kenmochi) und Mika (Miho Nomoto), die ihren Sex-Appeal einsetzen, um die Verbrecher zu töten. Mika arbeitet als Stripperin und benutzt ein ganz besonderes Tötungswerkzeug.
Doch natürlich lassen sich die Yakuza das nicht bieten und fangen an zurückzuschlagen. Als zwei neue Lehrer, darunter die hübsche Englischlehrerin Miss Miroku (Marie Jinno), an Fudohs Schule auftauchen, wissen die jungen Yakuza-Gegner zuerst nicht, auf welcher Seite diese stehen. Denn plötzlich fallen auch die ersten aus ihren Reihen Anschlägen zum Opfer.
Takashi Miike beweist wieder einmal, was für ein besonderer und außergewöhnlicher Regisseur er ist. „Fudoh“ ist ein Werk, das deutlich macht, welch kuriose Ideen im Kopf des Regisseurs herumspuken, der einen Streifen nach dem anderen dreht, zahlreiche Preise gewonnen hat, und völlig unterschiedliche Filme in so ziemlich allen Genres abliefert.
So ist es auch mit „Fudoh“. Das Grundmotiv ist nicht gerade neu. Gerade aus Japan stammen zahlreiche Filme rund um Yakuza-Kriege. Doch ungewöhnlich ist schon einmal, dass hier nicht mehrere rivalisierende Yakuza-Clans gegeneinander kämpfen, sondern auf der einen Seite Kinder stehen und auf der anderen Seite (fast) alle Clans. Aber das für die Mehrheit der Zuschauer wohl Abstoßendste sind die zahlreichen Tötungssequenzen des Films.
Takashi Miike kennt kein Tabu und lässt das Blut nur so spritzen. Da bekommt einer der Yakuza-Bosse eine Dosis Gift verabreicht. Dieses wohl säurehaltige Gift lässt seinen Hals löchrig werden, worauf Blutfontänen heraus spritzen und das ganze Auto, in dem er gerade sitzt, eingesaut wird. Als einer der Mitfahrer dann die Wagentür öffnet, wird er förmlich von der großen Menge Blut, die sich im Auto angesammelt hat, hinausgespült. Das ist natürlich völlig übertrieben, aber gerade das zeichnet den Film aus. Die Tötungsszenen sind grotesk bis zum Exzess und dadurch nicht ernsthaft und abstoßend, sondern auf eine makabre Art unterhaltend. So unpassend es klingen mag, aber „Fudoh“ ist ein wahres Freudenfest an Tötungsszenen und so kann auch dieser Miike-Film ein paar Auszeichnungen vorweisen.
Am skurrilsten ist sicher der Einfall bezüglich eines der beiden Schulmädchen, die in Fudohs Gang agieren. Mika arbeitet als Stripperin in einer Bar und tötet dabei unbemerkt mittels einer besonderen Technik. Sie feuert aus einem in die Vagina gesteckten Blasrohr Pfeile ab. Noch skurriler wird dieser von Miho Nomoto gespielte Charakter allerdings, als sich herausstellt, dass sie ein Hermaphrodit, also ein Zwitter, ist. Sie hat sowohl die Geschlechtsteile eines Mannes, als auch die einer Frau (woraufhin Miike auch noch eine kleine Liebeszene zwischen Mika und der Englischlehrerin eingebaut hat).
Viele werden diese skurrilen Ideen von Miike vielleicht als „krank“ bezeichnen, tun dem japanischen Starregisseur damit aber unrecht. Sicherlich ist der Film voll von Szenen, die sehr viele Leute nicht sehen wollen, aber das müssen sie ja auch nicht, ebenso wie bei Splatterfilmen aus dem Horrorbereich. Die Szenen des Films sind immer so gnadenlos überzeichnet, teilweise auch so surreal, dass man sie nicht ernst nehmen kann, sondern sich von ihnen unterhalten lassen sollte. Es ist halt eine ganz besondere Art von Humor. Wer Filme von Takashi Miike und dessen groteske Ideen mag (und das sind ja nicht gerade wenige Leute), wird „Fudoh“ wahrscheinlich lieben.
Den Film kann man übrigens nicht nur auf seine Actionsequenzen reduzieren. Wie auch in zahlreichen späteren Werken zeigt Miike in der Hauptperson einen einsamen Menschen, der von seiner Umwelt, vor allem von Menschen, die er liebte, enttäuscht wurde. Deswegen hat er sich eine raue, coole und unnahbare Fassade zugelegt, hinter der aber ein verletzlicher Junge steckt. Auch die Schwelle von Jugend zum Erwachsenwerden spielt im Subtext des Films eine wichtige Rolle.
Dazu kommen die exzellenten Bilder von Kameramann Hideo Yamamoto. Der beste Kameramann Japans (weitere Beweise für sein Können liefen unter anderem „Audition“, Hana-bi“, „The bird people in china“, „The Grudge“ etc.) beweist hier eindrucksvoll, dass er schon in frühen Jahren ein großer Könner war.
Immer wieder kritisiert wird an diesem noch recht frühen Werk in Miikes Filmographie aus dem Jahr 1996 der etwas leicht offene Schluss des Films. Die Auseinandersetzung zwischen Riki Fudoh und den Yakuza, genauer dem Killer Nohma (Riki Takeuchi), ist noch nicht vorbei. Sie muss weiter gehen. So verwundert es auch nicht, dass im Jahr nach „Fudoh“, 1997, ein zweiter Teil mit dem Zusatztitel „Nohma strikes back“ gedreht wurde. Dieser allerdings deutlich weniger populäre Nachfolgefilm wurde aber nicht von Takashi Miike realisiert, sondern von dem eher unbekannten Regisseur Yoshiho Fukuoka. Auch ich hatte bei meiner ersten Sichtung noch leichte Probleme mit dem Schluss, habe ich mich aber mit der Zeit und einigen weiteren Sichtungen sehr mit ihm angefreundet. Der Konflikt Riki – Nohma ist nur eine Randerscheinung. Es erscheint mir mittlerweile konsequent, dass dieser nicht mehr im Bild ausgetragen wird, da er sich sowieso nicht im Fokus des Films befindet. So werden die eigentlichen Konflikte viel stärker in den Mittelpunkt gerückt.
Für Takashi Miikes Filmographie und seine Karriere ist „Fudoh“ übrigens ein sehr wichtiger Film. Seine dritte Kinoarbeit (eigentlich aber als „Direct-to-Video“-Produktion geplant und gedreht) war der erste Film, der auf ausländischen Festivals gezeigt wurde. Die TIME kürte den Film in der Ausgabe vom 29. Dezember 1997 schließlich sogar zu einem der zehn besten Filme des Jahres (Quelle: Tom Mes – Agitator: The Cinema of Takashi Miike)
Wer Filme von Takashi Miike mag, wird „Fudoh“ wahrscheinlich lieben. Für Nichtkenner des Regie-Tausendsassas aus Japan eignet er sich recht gut als Einstieg, zumindest deutlich besser als Miikes etwas komplexere Werke wie „Visitor Q“.
Links intern:
Bildergalerie
Filminfoseite
Kazushi - 16. Aug, 07:20