Sukiyaki Western: Django - Beta-Kritik
Als Takashi Miike auf der Berlinale ankündigte demnächst einen Italo-Western zu drehen, der zudem noch sehr blutig ausfallen sollte, wurde dieses schnell in der Internetzszene zu einem heiß gehandelten Projekt. Mit jeder neuen Info, spätestens als klar wurde, dass Quentin Tarantino mitwirken würde, steigerte sich dies weiter. Auch bei mir stieg die Vorfreude immer mehr an, jedes neue Schnippselchen Film, Ton etc. trug dazu bei. Doch kann die Spaghetti (bzw. in Japan: Maccaroni)-Western Hommage diese Erwartungen erfüllen? Voller Vorfreude aber auch mit einer gehörigen Prise Skepsis, machte ich mich auf den Weg zur Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Venedig und später sehr zufrieden auf den Heimweg. Denn die hohen Erwartungen wurden vollends bekräftigt. Miike hat ein wildes, sich nie ernstnehmendes, zitatenreiches, trashiges Spaß-Feuerwerk gedreht, bei dem man sich zwar durchaus fragen kann, ob der Film im Wettbewerb eines renommierten Festivals richtig aufgehoben ist, dass aber zu begeistern weiß. Zu Recht gab es bei der Publikumsvorführung schon in den ersten Minuten mehrmals anhaltenden Applaus und sehr, sehr lange Ovationen im Anschluss an die Vorführung.
Ein Dorf irgendwo im nirgendwo in Nevada, Japan: Ein Dorf leidet unter dem Krieg zweier verfeindeteter Banden, den Heike und den Genji. Die einen ganz in Rot, die andern ganz in Weiß. Nur wenige Bewohner sind noch hier geblieben, die meisten sind tot (wie der Bürgermeister samt seinem Übersetzer, der – ganz amüsant – von dem für das Englisch zuständigen Übersetzer Christian Storms gespielt wird) oder aus der Stadt geflüchtet. Da taucht ein einsamer Revolverheld (Hideaki Ito) auf, der so schnell schießt, wie man es sonst nur von einer verschollenen Revolverlegende kennt. Beide Parteien bieten ihn gegen einen Anteil an einem im Ort versteckten Goldschatz an, für sie zu arbeiten, doch warnen ihn davor, sie Yojimbo-mäßig gegeneinander auszuspielen. Doch eine dritte Partei macht ihm ein weiteres Angebot: Eine Großmutter (Kaori Momoi), die ihren Enkel allein großzieht und mit ihm noch eine der wenigen verbliebenden Bürger ist, lädt ihn auf eine Tasse Tee ein. Da dass erst einmal verlockender klingt, als die Goldschatzanteile, schließt er sich ihr an und lässt sich von ihr die Vorgeschichte des Ortes erzählen. Von Goldsuchern und von den Eltern des kleinen Jungen, die Mutter eine der Weißen, der Vater einer der Roten, das Kind der einzige Mischling. Sie erzählt ihm von einer Rose, deren Blüte Weiß und Rot ist, das Symbol der Hoffnung auf Frieden und vom Tod ihres Sohnes, ermordet von den eigenen Leuten, weil er für diesen Frieden sorgen wollte. Währenddessen beauftragt Kiyomori, der Anführer der roten Heike den Sheriff einen neuen Versuch den Revolverhelden anzuheuern. Doch der schizophrene einstige Gesetzeshüter weiß selbst nicht, zu wem er halten soll und ermöglichst so dem namenlosen Scharfschützen doch den Yojimbo zu spielen. Bald nimmt das Sterben seinen Lauf und wird durch die Ankunft einer Gatling Gun sowie die Rückkehr der verschollenen Revolverlegende beschleunigt.
Miikes wunderbar klangvoller betitelte Genre-Hommage „Sukiyaki Western Django“ bietet eine Story, die natürlich eine bloße Zusammensetzung bekannter Vorbilder ist. „Django“ trägt der Film schon im Titel, der „Django“-Song wurde wunderbar neu aufgelegt und die Gatling Gun im Holzsarg durch den Schlamm gezogen, ist natürlich auch bekannt. Zudem versteht sich der Film sehr augenzwinkernd als Prequel zu Corbuccis Italo-Western-Klassiker. Der Storyverlauf folgt über weite Strecken sehr Akira Kurosawas „Yojimbo“ bzw. dem Sergio Leone-Remake „Für eine Handvoll Dollar“. Der namenlose Protagonist weist allerdings deutlich weniger Parallelen mit Eastwoods namenlosem Reiter auf, sondern ist das Abbild einer anderen prominenten Leone-Figur. Harmonica aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ stand hier wohl Pate, wie schon der in einem kurzen Backflash angedeutete biographische Hintergrund der Figur zeigt, sowie die an Leones Meisterwerk angelehnte Kleidung des Pistolenschützen. Die Eastwood-Figur darf dagegen Tarantino doublen, der in der Eröffnungsszene, die vor einem Gemälde als Hintergrund spielt (Referenz an „Tears Of The Black Tiger“?) als Piringo seinen ersten großen Auftritt hat, eine Schlange und drei Ganoven tötet und sich ein Sukiyaki zubereitet und dabei mit langgezogenen Worten das miese Englisch seiner japanischen Kollegen veralbert (bei den Filmfestspielen von Venedig wurde der Film mit – teilweise auch wirklich nötigen – englischen Untertiteln gezeigt, was hoffentlich für alle internationalen Versionen beibehalten wird; eine Synchronisation würde sich höchstwahrscheinlich schädlich auf die Atmosphäre auswirken). Das gibt die karikative Richtung des gesamten Films vor, auch wenn diese spezielle Szene zu Beginn etwas in der Luft hängt. Sie scheint erst einmal kaum Bezug zum restlichen Film zu haben und nur dem Unterbringen des prominenten Gaststars und Miike-Bewunderer zu dienen, was sich aber mit einem späteren Auftritt relativiert. Dann wird nämlich die Bande zur eigentlichen Geschichte auf höchst amüsante Weise geknüpft und Tarantino bekommt mit exzellenter Leistung der Maske einen weiteren Auftritt. Dieser ist gleichzeitig ein höchst geniales Zitat zu „Kill Bill Vol. 2“. Dort wollte Tarantino eigentlich als Pai Mei, der Lehrmeister der Braut auftreten, überließ dann aber doch Gordon Liu das Feld. Nun kann er die dort ausgefallene Performance nachholen und eine Szene rund um ein Essensgericht erinnert dabei frappierend an eine ähnliche Szene aus dem zweiten Teil seines Rache-Epos.
Miike macht schnell klar, dass sein Film fern jeglicher Realität, Örtlichkeit oder Zeit spielt. Da ist der Handlungsort Nevada und Japan zugleich, die Kleidung der beiden Banden setzt sich zusammen aus Western und Samurai gepaart mit Moderne a la Jeans oder Kapuzenpullover und dazu auch gerne mal ein Fell, welches in der Steinzeit angesagt gewesen sein könnte. Das ganze spielt in einem angeblichen historischen Kontext, Tarantinos Figur hat aber immerhin den Anime „Akira“ schon gesehen und den Sohn danach benannt, während die Gangsterbanden schon sehr gut über Kurosawas „Yojimbo“ Bescheid wissen. Der Satz gleich zu Beginn, mit dem sie den Fremden davor warnen einen auf Yojimbo zu machen, zeigt zugleich auch, dass Miike sich nicht nur durch seine Vorbilder zitiert, sondern diese auch mehrfach aushebelt. Da wird dann auch nach Jahrzehnten endlich die Frage nach der Vorgeschichte von Django geklärt: Er kam in Japan zur Welt, als Sohn von Romeo und Julia, auch wenn die beiden Eltern aus den verfeindeten Clans anders heißen. Shakespeare hat es Miike neben den Western-Vorbildern sowieso angetan. Nicht nur, dass das Paar Romeo und Julia gleicht, auch „Henry VI.“ und dessen Rosenkrieg spielt eine Rolle. Dieses Buch ist dem Boss der Heike so wichtig, dass er sich fortan nur noch Henry nennen lässt.
Miikes Ritt durch die Zitatewelt macht auch nicht vor den eigenen Werken halt. Fällt es sowieso auf, dass sich Miike sehr gerne selbst zitiert, zum Beispiel den gleichen Darsteller in verschiedenen Filmen die gleiche Kleidung tragen oder das gleiche Auto fahren lässt, Szenen nachstellt oder auf Dialoge anspielt, ist es hier der Auftritt von Kenichi Endo, der sofort ins Auge sticht. Der hat die meiste Screentime über einen Kopfverband auf, den der Darsteller schon einmal genauso für Miike tragen durfte. Als ihm der Besucher in „Visitor Q“ einen Fels über den Schädel gezogen hat.
Interessant ist wie so oft bei Miike die Figurenzeichnung, wobei wieder einmal Männlichkeitsrituale eine entscheidende Rolle spielen. Am deutlichsten wird dies an den beiden unterschiedlichen Gangführern. Der Boss der Roten (Koichi Sato) ist ein Feigling, der die eigenen Männer als Schutzschilde missbraucht, einige Meter hinten ihnen in den Kampf reitet und der unter der zwangsweisen sexuellen Enthaltsamkeit zu leiden hat (die einzige Frau neben der Großmutter, ihre Schwiegertochter, steht auf Seiten der Weißen). Selbst das Erlangen der Gatling Gun kann sein Mut nur ein wenig bekräftigen. In die entscheidende Schlacht zieht er trotzdem nur mit einer Schutzkette von fünf Mann vor sich. Dem gegenüber steht der von Yusuke Iseya mit ungeheuerer Coolness gespielte Yoshitsune, Boss der weißen Genji, der einige Meter vor statt hinter seinen Männern in die Schlacht reitet und die auch mal auffordert seinen Kopf mit einem Samuraischwert zu spalten, nur um ihnen zu beweisen, wie er mit geschlossenen Augen und bloßen Händen die tödliche Waffe stoppt (was im Anschluss übrigens eine mega-witzige Szene liefert). Er versprüht zudem, natürlich auch gesteuert durch die Darstellerwahl, im Gegensatz zu seinem Widersacher Erotik, was durch mehrfaches Freilegen des Oberkörpers weiter gesteuert wird.
So werden auch die Sympathien des Publikums – wenn man mal die dritte Partei Gunman/Granny außer Acht lässt – verteilt, was bei diesem Storyverlauf eher ungewöhnlich ist, gerade wenn man einen Blick auf die Vorbilder wagt, wo beide Seiten skrupellose Bösewichte sind. Hier ist der eine ein charismatischer, zudem dem Protagonisten absolut ebenbürtig erscheinender Kerl, was zwar im Verhältnis der Banden für ein Ungleichgewicht sorgt, dafür natürlich von Beginn an den Zuschauer auf ein Duell des Gunmans und des Genji-Bosses hinfiebern lässt.
„Sukiyaki Western Django“ nimmt sich natürlich zu keinem Zeitpunkt ernst. Der Fantasie von Miike und seinen kreativen Helfern schienen keine Grenzen gesetzt. Das Shootout-Inferno ist von Beginn an Hommage und Parodie auf die Vorbilder zugleich. Die Brüche, die beim Zusammenfügen der Vorlagen-Filme entstehen liefern den Platz für ein paar aberwitzige Einfälle und obwohl man das meiste schon kennt (und zum Beispiel auch ein Witz, wie das Loch im Bauch, durch welches durchgeschaut wird, schon einen sehr langen Bart hat) nie langweilig. Vielleicht hätten es in Sachen Laufzeit auch ein paar Minuten weniger getan, aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch. Miike bleibt sich seiner seit einigen Jahren verfolgten Politik der zwei Geschichter treu. Neben sehr komplexen und tiefgründigeren Werken wie „Izo“ oder „Juvenile, A Big Bang Love“ bleibt immer noch der Platz für viel trashige Unterhaltung a la „Zebraman“ und Konsorten. Und nur dieses Unterhaltungsziel verfolgt „Sukiyaki Westenr Django. Wer sich damit nicht anfreunden kann, wird wenig Spaß haben, für den Rest dürfte der Film in den meisten Fällen das erhoffte Fest werden.
Ein Dorf irgendwo im nirgendwo in Nevada, Japan: Ein Dorf leidet unter dem Krieg zweier verfeindeteter Banden, den Heike und den Genji. Die einen ganz in Rot, die andern ganz in Weiß. Nur wenige Bewohner sind noch hier geblieben, die meisten sind tot (wie der Bürgermeister samt seinem Übersetzer, der – ganz amüsant – von dem für das Englisch zuständigen Übersetzer Christian Storms gespielt wird) oder aus der Stadt geflüchtet. Da taucht ein einsamer Revolverheld (Hideaki Ito) auf, der so schnell schießt, wie man es sonst nur von einer verschollenen Revolverlegende kennt. Beide Parteien bieten ihn gegen einen Anteil an einem im Ort versteckten Goldschatz an, für sie zu arbeiten, doch warnen ihn davor, sie Yojimbo-mäßig gegeneinander auszuspielen. Doch eine dritte Partei macht ihm ein weiteres Angebot: Eine Großmutter (Kaori Momoi), die ihren Enkel allein großzieht und mit ihm noch eine der wenigen verbliebenden Bürger ist, lädt ihn auf eine Tasse Tee ein. Da dass erst einmal verlockender klingt, als die Goldschatzanteile, schließt er sich ihr an und lässt sich von ihr die Vorgeschichte des Ortes erzählen. Von Goldsuchern und von den Eltern des kleinen Jungen, die Mutter eine der Weißen, der Vater einer der Roten, das Kind der einzige Mischling. Sie erzählt ihm von einer Rose, deren Blüte Weiß und Rot ist, das Symbol der Hoffnung auf Frieden und vom Tod ihres Sohnes, ermordet von den eigenen Leuten, weil er für diesen Frieden sorgen wollte. Währenddessen beauftragt Kiyomori, der Anführer der roten Heike den Sheriff einen neuen Versuch den Revolverhelden anzuheuern. Doch der schizophrene einstige Gesetzeshüter weiß selbst nicht, zu wem er halten soll und ermöglichst so dem namenlosen Scharfschützen doch den Yojimbo zu spielen. Bald nimmt das Sterben seinen Lauf und wird durch die Ankunft einer Gatling Gun sowie die Rückkehr der verschollenen Revolverlegende beschleunigt.
Miikes wunderbar klangvoller betitelte Genre-Hommage „Sukiyaki Western Django“ bietet eine Story, die natürlich eine bloße Zusammensetzung bekannter Vorbilder ist. „Django“ trägt der Film schon im Titel, der „Django“-Song wurde wunderbar neu aufgelegt und die Gatling Gun im Holzsarg durch den Schlamm gezogen, ist natürlich auch bekannt. Zudem versteht sich der Film sehr augenzwinkernd als Prequel zu Corbuccis Italo-Western-Klassiker. Der Storyverlauf folgt über weite Strecken sehr Akira Kurosawas „Yojimbo“ bzw. dem Sergio Leone-Remake „Für eine Handvoll Dollar“. Der namenlose Protagonist weist allerdings deutlich weniger Parallelen mit Eastwoods namenlosem Reiter auf, sondern ist das Abbild einer anderen prominenten Leone-Figur. Harmonica aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ stand hier wohl Pate, wie schon der in einem kurzen Backflash angedeutete biographische Hintergrund der Figur zeigt, sowie die an Leones Meisterwerk angelehnte Kleidung des Pistolenschützen. Die Eastwood-Figur darf dagegen Tarantino doublen, der in der Eröffnungsszene, die vor einem Gemälde als Hintergrund spielt (Referenz an „Tears Of The Black Tiger“?) als Piringo seinen ersten großen Auftritt hat, eine Schlange und drei Ganoven tötet und sich ein Sukiyaki zubereitet und dabei mit langgezogenen Worten das miese Englisch seiner japanischen Kollegen veralbert (bei den Filmfestspielen von Venedig wurde der Film mit – teilweise auch wirklich nötigen – englischen Untertiteln gezeigt, was hoffentlich für alle internationalen Versionen beibehalten wird; eine Synchronisation würde sich höchstwahrscheinlich schädlich auf die Atmosphäre auswirken). Das gibt die karikative Richtung des gesamten Films vor, auch wenn diese spezielle Szene zu Beginn etwas in der Luft hängt. Sie scheint erst einmal kaum Bezug zum restlichen Film zu haben und nur dem Unterbringen des prominenten Gaststars und Miike-Bewunderer zu dienen, was sich aber mit einem späteren Auftritt relativiert. Dann wird nämlich die Bande zur eigentlichen Geschichte auf höchst amüsante Weise geknüpft und Tarantino bekommt mit exzellenter Leistung der Maske einen weiteren Auftritt. Dieser ist gleichzeitig ein höchst geniales Zitat zu „Kill Bill Vol. 2“. Dort wollte Tarantino eigentlich als Pai Mei, der Lehrmeister der Braut auftreten, überließ dann aber doch Gordon Liu das Feld. Nun kann er die dort ausgefallene Performance nachholen und eine Szene rund um ein Essensgericht erinnert dabei frappierend an eine ähnliche Szene aus dem zweiten Teil seines Rache-Epos.
Miike macht schnell klar, dass sein Film fern jeglicher Realität, Örtlichkeit oder Zeit spielt. Da ist der Handlungsort Nevada und Japan zugleich, die Kleidung der beiden Banden setzt sich zusammen aus Western und Samurai gepaart mit Moderne a la Jeans oder Kapuzenpullover und dazu auch gerne mal ein Fell, welches in der Steinzeit angesagt gewesen sein könnte. Das ganze spielt in einem angeblichen historischen Kontext, Tarantinos Figur hat aber immerhin den Anime „Akira“ schon gesehen und den Sohn danach benannt, während die Gangsterbanden schon sehr gut über Kurosawas „Yojimbo“ Bescheid wissen. Der Satz gleich zu Beginn, mit dem sie den Fremden davor warnen einen auf Yojimbo zu machen, zeigt zugleich auch, dass Miike sich nicht nur durch seine Vorbilder zitiert, sondern diese auch mehrfach aushebelt. Da wird dann auch nach Jahrzehnten endlich die Frage nach der Vorgeschichte von Django geklärt: Er kam in Japan zur Welt, als Sohn von Romeo und Julia, auch wenn die beiden Eltern aus den verfeindeten Clans anders heißen. Shakespeare hat es Miike neben den Western-Vorbildern sowieso angetan. Nicht nur, dass das Paar Romeo und Julia gleicht, auch „Henry VI.“ und dessen Rosenkrieg spielt eine Rolle. Dieses Buch ist dem Boss der Heike so wichtig, dass er sich fortan nur noch Henry nennen lässt.
Miikes Ritt durch die Zitatewelt macht auch nicht vor den eigenen Werken halt. Fällt es sowieso auf, dass sich Miike sehr gerne selbst zitiert, zum Beispiel den gleichen Darsteller in verschiedenen Filmen die gleiche Kleidung tragen oder das gleiche Auto fahren lässt, Szenen nachstellt oder auf Dialoge anspielt, ist es hier der Auftritt von Kenichi Endo, der sofort ins Auge sticht. Der hat die meiste Screentime über einen Kopfverband auf, den der Darsteller schon einmal genauso für Miike tragen durfte. Als ihm der Besucher in „Visitor Q“ einen Fels über den Schädel gezogen hat.
Interessant ist wie so oft bei Miike die Figurenzeichnung, wobei wieder einmal Männlichkeitsrituale eine entscheidende Rolle spielen. Am deutlichsten wird dies an den beiden unterschiedlichen Gangführern. Der Boss der Roten (Koichi Sato) ist ein Feigling, der die eigenen Männer als Schutzschilde missbraucht, einige Meter hinten ihnen in den Kampf reitet und der unter der zwangsweisen sexuellen Enthaltsamkeit zu leiden hat (die einzige Frau neben der Großmutter, ihre Schwiegertochter, steht auf Seiten der Weißen). Selbst das Erlangen der Gatling Gun kann sein Mut nur ein wenig bekräftigen. In die entscheidende Schlacht zieht er trotzdem nur mit einer Schutzkette von fünf Mann vor sich. Dem gegenüber steht der von Yusuke Iseya mit ungeheuerer Coolness gespielte Yoshitsune, Boss der weißen Genji, der einige Meter vor statt hinter seinen Männern in die Schlacht reitet und die auch mal auffordert seinen Kopf mit einem Samuraischwert zu spalten, nur um ihnen zu beweisen, wie er mit geschlossenen Augen und bloßen Händen die tödliche Waffe stoppt (was im Anschluss übrigens eine mega-witzige Szene liefert). Er versprüht zudem, natürlich auch gesteuert durch die Darstellerwahl, im Gegensatz zu seinem Widersacher Erotik, was durch mehrfaches Freilegen des Oberkörpers weiter gesteuert wird.
So werden auch die Sympathien des Publikums – wenn man mal die dritte Partei Gunman/Granny außer Acht lässt – verteilt, was bei diesem Storyverlauf eher ungewöhnlich ist, gerade wenn man einen Blick auf die Vorbilder wagt, wo beide Seiten skrupellose Bösewichte sind. Hier ist der eine ein charismatischer, zudem dem Protagonisten absolut ebenbürtig erscheinender Kerl, was zwar im Verhältnis der Banden für ein Ungleichgewicht sorgt, dafür natürlich von Beginn an den Zuschauer auf ein Duell des Gunmans und des Genji-Bosses hinfiebern lässt.
„Sukiyaki Western Django“ nimmt sich natürlich zu keinem Zeitpunkt ernst. Der Fantasie von Miike und seinen kreativen Helfern schienen keine Grenzen gesetzt. Das Shootout-Inferno ist von Beginn an Hommage und Parodie auf die Vorbilder zugleich. Die Brüche, die beim Zusammenfügen der Vorlagen-Filme entstehen liefern den Platz für ein paar aberwitzige Einfälle und obwohl man das meiste schon kennt (und zum Beispiel auch ein Witz, wie das Loch im Bauch, durch welches durchgeschaut wird, schon einen sehr langen Bart hat) nie langweilig. Vielleicht hätten es in Sachen Laufzeit auch ein paar Minuten weniger getan, aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch. Miike bleibt sich seiner seit einigen Jahren verfolgten Politik der zwei Geschichter treu. Neben sehr komplexen und tiefgründigeren Werken wie „Izo“ oder „Juvenile, A Big Bang Love“ bleibt immer noch der Platz für viel trashige Unterhaltung a la „Zebraman“ und Konsorten. Und nur dieses Unterhaltungsziel verfolgt „Sukiyaki Westenr Django. Wer sich damit nicht anfreunden kann, wird wenig Spaß haben, für den Rest dürfte der Film in den meisten Fällen das erhoffte Fest werden.
Kazushi - 7. Sep, 23:18